Als das Linzertörtli noch aus dem Gefängnis kam

Montag, 15. November 2021 -

Das berühmte Hafebar- und Vini-Linzertörtli erzählt seine spannende Geschichte. Die weibliche Hauptrolle spielt Chrige Walther.

Darf ich mich vorstellen? Ich bin das feine Linzertörtli von der Hafebar. Ihr kennt mich nicht? Schade, ihr solltet mich unbedingt probieren – entweder in der kleineren Version in der Hafebar, oder im Restaurant Vini! Ich bin nicht nur mega lecker, sondern habe auch eine spezielle Geschichte. Ein paar Jahre lang wurde ich nämlich von weiblichen Häftlingen gebacken. Doch beginnen wir von vorne.

Die Hauptperson dieser Geschichte ist Christine Walther, die Frau des Vini-Migründers Seppi Misteli. Chrige hat jahrelang im Restaurant Baseltor gekocht, war vorher auch im „Löwen“ und im „Kreuz“ tätig. Nach ihrem Ausstieg aus dem Gastrogewerbe im Jahr 2006 machte sie eine Schwangerschaftsvertretung in einer Wohngemeinschaft für Menschen mit einer schweren körperlichen und geistigen Behinderung. Anschliessend bekam sie ein Angebot als Agogin in einer Aussen-Wohngruppe des Frauengefängnisses Hindelbank, die sich in Steinhof bei Burgdorf befindet. Dort wohnen Frauen, die – oft nach langen Haftstrafen – in der letzten Phase des Vollzugs stehen. Das Ziel ist, dass sie in einem halb-offenen Rahmen langsam und schrittweise auf die bevorstehende Entlassung vorbereitet werden; einzelne Frauen können sogar auswärts einer Arbeit nachgehen.

„Ich wusste damals nicht einmal, was das Wort ‚Agogin“ heisst“, erinnert sich Chrige Walther. Sie hatte keine Ausbildung in diesem Bereich, wollte es aber probieren, und prompt bekam sie den Job. Zu den Beschäftigungen der Frauen in der WG gehörte Putzen, Handarbeit, Kochen und Backen. Chrige hat schliesslich begonnen, mit ihnen uns Linzertorten zu backen und uns auf dem Markt zu verkaufen. Als nächster Abnehmer kamen das Vini und dann auch die Hafebar hinzu. „Ich habe die Torten jeweils mit dem Zug nach Solothurn transportiert“, sagt Chrige.

Natürlich wollten die WG-Frauen wissen, ob ihre Törtli auch verkauft werden. Sie hatten Glück, denn Solothurn befindet sich noch im Rayon, in dem sie sich im Ausgang bewegen dürfen. Und so haben einige von ihnen ab und zu in der Hafebar vorbeigeschaut und „live“ miterlebt, dass wir bei den Gästen sehr gut ankamen. „Das hat die Frauen natürlich sehr gefreut“, so Chrige.

Im Jahr 2016 hat sie mit der Tätigkeit in der WG aufgehört. Seither backt sie uns bei ihr zu Hause. Seid ihr gluschtig auf uns geworden? Dann schaut in der Hafebar oder im Vini vorbei und bestellt ein Linzertörtli! Ich werde euch nicht enttäuschen…

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